Portrait einer Märchenerzählerin

Bis jetzt haben nur Sonnenschein oder Flutlicht meine Fotos beleuchtet. Doch bei diesem Auftrag konnte ich zum ersten Mal auf ein Studio-Blitzlicht zurückgreifen. Dadurch habe ich wesentlich mehr Einfluss auf den Bereich vor meiner Linse als bei den meisten anderen fotojournalistischen Aufgaben, die ich bisher zu lösen hatte.

Für die dreifedernproduction aus Erfurt durfte ich ein Porträt meiner Mutter, der Märchenerzählerin Regina Kämmerer fotografieren. Ein natürliches Porträt soll den gerade erstellten Flyer eine persönliche Note geben. Die Herausforderung ist entsprechend groß und beginnt bei den Vorbereitungen:

Ohne ein speziell für Studiofotografie zugeschnittenes Make-up ist ein professionelles Shooting kaum möglich. Eine Fernseh-Visagistin hat Frau Kämmerer geschminkt und mit ihrer Erfahrung das ganze Shooting bereichert. Im Studiolicht erscheinen Haut und Gesicht anders, als wir es bei natürlichem Licht gewöhnt sind. Um dies auszugleichen, werden spezielle Schminke und Technik benötigt. Nicht nur das Gesicht, sondern auch die Hände erhalten ein passendes Make-up. Sonst erscheinen die oberflächlich liegenden Venen auf dem Foto rosa. Während mit drei Studioblitzen das Gesamtlicht gesetzt ist, sorgt ein gutes Make-up für die gewünschte Dreidimensionalität und kann gezielt Problembereiche verstecken. Kleine Schatten, die allein mit dem Verändern des Lichts nicht zu korrigieren sind, werden durch die Visagistin ausgeglichen.

Steht vor der Linse kein professionelles Model, hat der Fotograf die anspruchsvolle Aufgabe, sein Model zu führen und ins richtige Licht zu rücken. Die Einstelllichter der Studio-Blitze lassen die Illusion einer großen Bühne entstehen und schaffen eine besondere Atmosphäre. Der entstehende Adrenalinschub muss aufgefangen und in eine entspannte Ruhe für die Fotos verwandelt werden. In der ersten Stunde gewöhnt sich das Model an die Umgebung. In dieser Zeit werden die ersten Posen, die Einstellung des Lichts und das Make-up überprüft. Die Zwischenergebnisse können sofort auf dem Monitor betrachtet und ausgewertet werden. Ob dabei die Fotos in dieser Phase des Shootings schon dem Model gezeigt werden, hängt vom Stil des Fotografen und dem Model ab, denn die ersten Fotos können entweder beruhigen oder zu einer Unsicherheit beim Model beitragen.

Der Hintergrund hat einen großen Einfluss auf die Wirkung des Bildes und entscheidet, ob das Foto später problemlos freigestellt werden kann. Deshalb haben wir sowohl mit hellen, als auch mit dunklem Hintergrundkarton experimentiert. Für bestimmte Effekte wie High-Key oder Low-Key werden spezielle Hintergründe und eine passende Belichtung benötigt.

Der Aufwand ist hoch: eine halbe Stunde Vorbereitung durch die Visagistin, zwei Stunden Shooting mit über 500 Fotos, mehrere Stunden Auswahl, Korrektur und Freistellen des Ergebnisses. Ein erfahrener Studioprofi wird speziell bei der Vor- und Nachbereitung weniger Zeit benötigen.

Das erste Studio-Shooting war für mich eine große Herausforderung und eine interessante Erfahrung. Die Thematik ist komplex und nur durch ein hervorragendes Zusammenspiel aller Komponenten vor, während und nach dem Shooting entsteht ein gutes Ergebnis. Wie auch in allen anderen Bereichen der Fotografie gibt es im Studio über viele Jahre zu lernen und immer wieder neu zu entdecken.

Märchenerzählerin Regina Kämmerer, dreifedernproduction, Erfurt

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